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Eigenheim und Mietwohnungen: die Wohnlandschaft der Schweiz

26.03.2024 Adrian A.F. Spiess MSc Economics Volkswirtschafter beim HEV Schweiz

Das Bundesamt für Statistik hat am 18. März 2024 die neuesten Zahlen zum Bau- und Wohnungswesen in der Schweiz veröffentlicht. 1,4 Mio. Haushalte verfügen über ihre eigene Immobilie.

1,4 Millionen Haushalte leben in ihren eigenen Wohnungen / Häusern, was 36 Prozent aller Privathaushalte in der Schweiz entspricht. Mehr als die Hälfte davon, d. h. fast 730 000 Haushalte, besitzen ein Einfamilienhaus. Demgegenüber stehen 2,4 Millionen Haushalte, die zur Miete wohnen. Diese Zahlen mögen den Eindruck eines Landes von Mietern erwecken, doch bei genauerer Betrachtung zeigt sich, dass 56,7 Prozent aller Gebäude mit Wohnnutzung Einfamilienhäuser sind, während Mehrfamilienhäuser lediglich 27,6 ausmachen. Obwohl die Schweiz als Mieterland bekannt ist, dominieren innerhalb der Wohnbauten die Einfamilienhäuser. Deren Präsenz prägt bis heute das Erscheinungsbild vieler Wohngebiete, und viele Schweizer und Schweizerinnen träumen davon. 

Knapp die Hälfte der Mietwohnungen (45 Prozent) befand sich 2023 im Besitz von Privatpersonen. Während 43 Prozent der kleinen Mietwohnungen (1 oder 2 Zimmer) von Privatpersonen gehalten wurden, waren es bei den grossen Mietwohnungen (5 Zimmer oder mehr) sogar 54 Prozent. Wohnungen mit Baujahr vor 1946 gehörten in zwei Drittel aller Fälle Privatpersonen (65 Prozent). Bei Wohnungen, die nach 2000 gebaut wurden, betrug dieser Anteil lediglich rund einen Drittel (32 Prozent). Der Kanton Genf hatte mit rund einem Viertel (27 Prozent) den deutlich geringsten Anteil Mietwohnungen im Besitz von Privatpersonen. In den Kantonen Wallis (69 Prozent) und Tessin (67 Prozent) hingegen lag dieser Anteil deutlich höher.

Wer investiert in den Mietwohnungsbau?

Die Zahlen zu den Eigentümertypen der Mietwohnungen zeigen, dass Privatpersonen immer seltener in den Wohnungsbau investieren. Das Feld wird zunehmend anderen Investoren überlassen – zum Beispiel der Öffentlichen Hand, Wohnbaugenossenschaften sowie Bau- und Immobiliengesellschaften. Die hohen Baulandpreise sowie rigide Bau- und Zonenordnungen wirken (nicht nur) auf kleinere Investoren abschreckend. Hinzu kommen die vielen Einsprachen, welche die Wohnraumproduktion erheblich verzögern und teilweise sogar verhindern. Diese Situation verschärft die aktuelle Wohnungsknappheit – Anreize und Impulse für eine rasche Ausweitung der Wohnbautätigkeit sind dringend notwendig. Private Investoren und selbstbewohntes Wohneigentum sollten genauso wie andere Akteure und Wohnformen gefördert werden.

So hoch sind die Wohnungsmieten im Schnitt

Die Miete für 4-Zimmer-Wohnungen betrug 2022 im Durchschnitt 1622 Franken. Neue Wohnungen, die vor weniger als zwei Jahren gebaut wurden, waren erwartungsgemäss am teuersten. Eine neue 4-Zimmer-Wohnung wurde für durchschnittlich 2138 Franken vermietet. Zum Vergleich: Eine neu bezogene ältere 4-Zimmer-Wohnung (zwei Jahre oder älter) kostete im Durchschnitt 1731 Franken, also 20 Prozent weniger. Darüber hinaus ist die Miete umso tiefer, je länger ein Privathaushalt in einer Mietwohnung lebt. Man unterscheidet zwischen Bestandesmieten und Neumieten. Bestandesmieten entsprechen in der Regel dem Marktzins bei Vertragsabschluss und gelten als besonders stabil. Diese können sich im Laufe der Zeit zwar ändern, beispielsweise durch Mietzinsanpassungen aufgrund von Indexierung, Inflation sowie Umbauten oder Renovationen, jedoch passen sie sich nicht so stark den aktuellen Markttrends an. Neumieten sind die Mieten, die für neu abgeschlossene Mietverträge gelten. Diese Mieten können sich stark von den Bestandesmieten unterscheiden und werden oft als Indikator für die aktuellen Marktbedingungen betrachtet. Sie können durch Angebot und Nachfrage sowie andere Faktoren beeinflusst werden. 

So kosteten 4-Zimmer-Wohnungen, die seit mehr als 20 Jahren von demselben Haushalt bewohnt wurden, im Durchschnitt nur 1313 Franken pro Monat – das sind 25 Prozent weniger als der Durchschnitt und 38 Prozent weniger, als für neu erstellte Wohnungen bezahlt wurde. 

Nicht überraschend dürfte auch sein, dass das Wohnen in den grossen Ballungszentren am teuersten ist. Unter den grössten Städten wies Zürich mit durchschnittlich 1997 Franken für eine 4-Zimmer-Wohnung die höchsten Durchschnittsmieten des Landes auf.

«Lock-in-Effekt» wirkt sich auf Wohnungsknappheit aus

Der Unterschied zwischen Bestandesmieten und Neumieten und die überdurchschnittlich hohen Mietzinse in Ballungszentren sollten im Zusammenhang mit der Problematik der Wohnungsknappheit präsent gehalten werden. Diese helfen, die Situation richtig zu analysieren. Erstens stehen die Situationen in Zürich oder Genf nicht stellvertretend für die ganze Schweiz, es sind im Gegenteil statistische Ausreisser. Zweitens betreffen die hohen Mietzinse nicht alle Bewohner der Ballungszentren, sondern hauptsächlich Neumieter, also Zuzüger und solche, die zum Beispiel infolge familiärer Veränderungen eine neue Wohnung suchen.

Darüber hinaus erklärt der Unterschied zwischen Bestandesmieten und Neumieten den sogenannten «Lock-in- Effekt». Nach dem Auszug der Kinder, der Auflösung einer Wohngemeinschaft oder nach einer Trennung leben Menschen oft zu günstigen Mieten in zu grossen Wohnungen. Einen Umzug können sie sich nicht leisten, weil die neue Miete selbst bei einer kleineren Wohnung über ihrer aktuellen Miete liegt. Sie sind «locked-in» – also eingesperrt.

Wohn- und Belegungsdichte sind ebenfalls wichtige Faktoren

Zwei weitere Indikatoren der Wohnverhältnisse sind die Wohndichte (Anzahl Personen pro Zimmer) und die Belegungsdichte (Anzahl Personen pro Wohnung). Und auch hier finden wir einen Faktor, der die Situation auf dem Wohnungsmarkt verschärft. Während die Wohndichte in den letzten 20 Jahren konstant geblieben ist, lebten 2022 durchschnittlich 2,2 Personen in einer Wohnung – Tendenz sinkend. 1970 waren es noch 2,9 Personen pro Wohnung. Kleine Haushalte, insbesondere Einpersonenhaushalte, nehmen zu. Das BFS schätzt, dass die Anzahl Einpersonenhaushalte von 1,4 Millionen im Jahr 2020 auf 1,8 Millionen im Jahr 2050 wachsen wird (+30 Prozent).